Ich bin ungefähr 30 cm lang und 25 cm breit. Innen orange und auf der Aussenseite schwarz. Ich habe viele kleine Fächer, manche mit Reissverschluss, andere mit Klett und biete daher viel Stauraum. Wofür ich aber am meisten geschätzt werde, ist der kleine Henkel auf meiner Oberseite, weil ich mich damit überall so praktisch hinhängen lasse. Seit mittlerweile 10 Jahren begleite ich Linus bei all seinen Rennen und Trainingslagern. Auch dieses Jahr sind wir wieder zusammen unterwegs – ich freue mich schon darauf!
Als Dienstjahresgeschenk hat mir Linus letztes Jahr fünf Monate lang freigegeben. Es war schön, aber sind wir ehrlich – es war extrem langweilig. Jeden Tag nur rumhängen, keine Abwechslung und vor allem keine Reisen. Dabei liebe ich doch das Herumziehen so sehr. Dafür wurde ich doch geschaffen. Umso mehr habe ich mich dann letzten November gefreut, als Linus mich nach Südafrika ins Trainingslager mitgenommen hat. Zusammen mit seinen Freunden aus Österreich trainierte Linus dort in der Nähe von Durban während vier Wochen und ich muss sagen, es war wohl das bisher spannendste Trainingslager, das wir zusammen erlebt haben. Zum ersten Mal überhaupt war ich in Afrika. Plötzlich kletterten Affen im Garten herum, Schlangen schwammen im Fluss und Pfauen schrien von den Bäumen herunter. Wer bitteschön hätte gedacht, dass Pfauen auf Bäume klettern können? Was war das für ein toller Gegensatz zum öden Leben zuhause? Und so wie ich es mitbekommen habe, konnte Linus auch gut trainieren hier in Südafrika und kam seiner alten Form in grossen Schritten näher.
Ab ins Warme
Wieder zuhause gab es dann eine kurze Verschnaufpause und ich wurde neu ausgerüstet für die kommenden Challenges, die Linus und ich zusammen bestritten. Auf dem Plan stand, wie jedes Jahr, das Trainingslager in St. Moritz, wo Linus langlaufen ging. Es war aber auch das Lager, in dem sich Linus im letzten Jahr mit Corona infiziert hatte und die ganze Tragödie begann. Linus fragte sich schon ein bisschen, ob es schlau sei, nochmals in dieses Lager zu gehen und sich allenfalls wieder anzustecken. Er entschied sich dann aber zum Glück dafür und seine Angst hatte er auch bald überwunden. Nur einen kleinen Meersalz-Nasenspray hatte er eingepackt, um seine Atemwege zu pflegen und möglichst gesund zu bleiben. Mit Corona hatte er sich zum Glück nicht infiziert, jedoch plagten ihn über die nächsten paar Wochen immer wieder hartnäckige Erkältungen, so dass er doch einige Tage nicht trainieren konnte.
Umso mehr freuten wir uns, dass wir im Februar dann endlich wieder dem Winter entfliehen konnten. Es hiess also Sonnencreme einpacken, kurze Hosen montieren und ab nach Portugal. Für Linus war es eine Erleichterung, dass er endlich wieder im Warmen paddeln konnte. Und Portugal war nicht das einzige Trainingslager, das nun in der Vorsaison anstand. Wir verbrachten zwei Wochen in Portugal, trainierten einen Monat zu Hause, fuhren zwei Wochen nach Sardinien, legten eine Woche Kurzstopp in der Schweiz ein und sind jetzt gerade nach 18 Tagen Trainingslager wieder aus Ungarn zurückgekehrt. Doch auch andere Methoden wurden angewendet, um die Leistung von Linus zu steigern. So sank der Shampooverbrauch in Sardinien abrupt, als sich Linus endlich wieder die Haare schneiden liess und jetzt wieder aerodynamischer paddeln kann.
Doch was bringen diese Vorbereitungen überhaupt? Wofür macht Linus dieses Jahr überhaupt diesen grossen Aufwand? Man schmiert sich seine Hände auch nicht zum Spass mit Handcreme ein, sondern weil man feine Hände haben will. Welche Wettkämpfe stehen also an diese Saison?
Jetzt geht’s los
Losgegangen ist es bereits mit den Qualifikationsrennen für die Wildwasser WM in Augsburg Anfang Juni. Diese WM ist nämlich das erste grosse Ziel von Linus dieses Jahr. Auf dem Olympiakanal der olympischen Spiele in München 1972 findet dieses Spektakel statt. Vorher aber fährt Linus zwei Weltcups im Flachwasserboot. Der erste Weltcup findet in Szeged (HUN) vom 11-14. Mai und der zweite in Poznan (POL) zwei Wochen später statt. Danach gibt es für mich wieder eine Verschnaufpause, bevor Linus dann Ende August als Grande Finale an die Regatta WM in Duisburg (GER) fährt.
Ich freue mich auf die neue Saison und bin sicher, dass ich wieder meinen Teil dazu beitragen kann, dass Linus seine Ziele erreicht. Schliesslich wollen wir ja alle, dass Linus nicht zu fest stinkt im Trainingslager oder dass er mit geputzten Zähnen auf dem Podest lächeln kann. Ich als sein Necessaire bin also einer seiner wichtigsten Partner und werde alles dafür geben, dass Linus dieses Jahr erfolgreich ist. Und nicht nur ich, sondern auch Linus wird alles dafür geben. Das hat er mir versprochen 🙂